Die Ukraine als "Reiseland"
?Nun ja - ein wirkliches Reiseland ist die Ukraine noch nicht. Die Menschen
sind freundlich und wissbegierig. Es wird gewunken, man wird gefragt, woher man
kommt. Nur mit Fremdsprachen, da hapert es gewaltig. Im Bahnhofs-Service-Center
in Berdjansk am Asow'schen Meer, einem Touristik-Ort, gibt's nur Russisch als
"Fremdsprache". Deutsch oder Englisch können nur wenige Menschen aus den Städten.
Man kann alles kaufen, es gibt Lebensmittel in sehr guter Qualität in Hülle und
Fülle. Das können sich aber nur Wenige leisten. Der Unterschied zwischen Reich
und Arm ist riesig. Eine Mittelschicht fehlt vollständig, die wenigen Reichen
haben sich im Zuge der Unabhängigkeit und der Privatisierung schamlos bereichert
und stellen ihren Reichtum auch zur Schau.
Der Zustand der Strassen ist so schlecht wie nirgends zuvor gesehen. Die
Fahrkunst der Autolenker ist gewaltig, man überholt auch dort, wo es bestimmt
nicht geht, man fährt in 1 1/2 Spuren zu Dritt nebeneinander. Aber man lässt den
Anderen die Fahrspur wechseln. Das Wort "Sicherheitsabstand" kann in keine der
slawischen Sprachen übersetzt werden, man fährt mit wenigen Zentimetern Abstand
hintereinander.
Ein eigenes Kapitel ist die Verkehrspolizei. Je weiter im
Westen, desto korrupter. Man bemüht sich kaum, wenigstens den Schein zu wahren
und verlangt von den westlichen Ausländern ungeniert Geld, um die zuvor
abgenommenen Papiere wieder zurück zu geben. Informieren Sie sich VOR Ihrer
Reise z.B. im Ukraine-Forum über die Rechte der Polizei, über das Vorgehen, wenn
ein PROTOKOLL geschrieben wird, einem angedrohten Gang zu Gericht usw. ACHTUNG -
es gibt im "Ortsgebiet" verschiedene Geschwindigkeitsbegrenzungen, abhängig von
der Farbe der Ortstafel, die Vorrangregeln im Kreisverkehr sind anders als in A
oder D.
Alles in Allem - ein interessantes Land, aber mit Baudenkmälern, die 70 Jahre
unter Kommunisten gelitten haben, deren Kunstschätze weitgehend verloren gingen
oder nur als Kopien vorhanden sind. Wohnmobile werden immer noch als Exoten
betrachtet, die Aufsehen erregen, Campingplätze im westlichen Sinn gibt es nur
auf der Krim, wir standen mit einer geführten Tour immer auf Hinterhöfen oder
Parkplätzen von Hotels - die kaum irgendwelchen Standards entsprachen. Für uns
aus dem westlichen Ausland ist das allgemeine Leben sehr günstig, Treibstoffe
sind wesentlich günstiger als im Westen. Das Land ist im Ganzen flach,
großflächige Landwirtschaft ist vorherrschend. Die Bevölkerung lebt fast
ausschließlich in winzigen Häusern mit Garten und versorgt sich mit dem
Nötigsten selbst. Möglicherweise wird der Zustand des Landes in den nächsten
Jahren besser, eine Wohnmobilreise auf eigene Faust kann ich zur Zeit nur
"unternehmungslustigen" Wohnmobilfahrern
empfehlen. Abenteuerlust wird ohnehin vorausgesetzt.